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Radiojournalismus


Hörfunk - Nahrung für die Ohren

»Stimmen, Töne, Zwischentöne«
Interview mit
Ulrich Chaussy zum
lesen und hören
 


Wichtige Bücher:

  • "Oktoberfest. Ein Attentat."    1985

  • "Die drei Leben des Rudi Dutschke. Eine Biographie."
            1983, 1993

  • "Nachbar Hitler. Führerkult und Heimatzerstörung am Obersalz-
    berg."       1998
 

Was ist für Sie eine »gute Story«, welche Themen beschäftigen Sie?

Eine Geschichte muss so sein, dass sie mich interessieren würde. Ich bin überzeugt, dass ich keine gute Geschichte machen kann, wenn sie mich nicht interessiert. Ansonsten ist eine Story dann eine gute Story, wenn sie eine Bindekraft für mich als Autor entfaltet. Bei mir ist das der Fall, wenn es eine Geschichte hinter der Geschichte gibt. Wenn ich das Gefühl bekomme, da gibt es eine offizielle Wahrheit, die komplett ganz bestimmte Bereiche ausspart, ausblendet, verdrängt. So was hat etwas Skandalöses für mich; das macht mich zornig; da will ich gerne was dran ändern.

Das Oktoberfest-Attentat 1980 in München beispielsweise ist ein historisches Ereignis, das in der Geschichtsschreibung der Bundesrepublik als die Tat eines wahnsinnigen Einzeltäters abgelegt wird. Wenn man jedoch genauer hinschaut, merkt man sehr wohl, dass hier eine rechtsextremistische Tat vorgelegen hat, die der mutmaßliche Alleintäter, dieser 21-jährige Geologiestudent Gundolf Köhler aus Donaueschingen, gewiss nicht allein vollbracht hat. Am Anfang der offiziellen Ermittlung durch die Behörden stand das auch noch im Vordergrund, wurde aber im weiteren Verlauf aus politischen Gründen völlig unterdrückt. So was lässt mich einfach nicht ruhen. Das interessiert mich, da fass ich nach, so gut ich kann.

Ein anderes Beispiel ist der Obersalzberg. Für die historische Sendereihe »Zeitzeichen« des Westdeutschen Rundfunks habe ich diesen Berg besucht, wo Hitler 12 Jahre lang seinen »Heiligen Bezirk« hatte. Tausende von Touristen krauchen dort jeden Sommer herum. Niemand hat so recht Kenntnis, was damals eigentlich vorging, und die bunten Broschüren zeichnen ein verharmlosendes Bild von Hitler. Der Ort selber spricht nicht.
Einstieg in die Geschichte waren für mich Recherchen im Umland in Berchtesgaden, bei denen ich auf Zeitzeugen stieß, alte Menschen, die durch Umsiedlung den soliden Granitbauten Hitlers weichen mussten, obwohl sie auf dem Obersalzberg geboren waren und ihre Familien seit Generationen dort gelebt hatten. Das, was sie da an Entwurzelung und Verlust ihrer Heimat erlebt haben, ist überhaupt nie Thema gewesen für Millionen von Touristen, die nach dem Krieg auf diesen Berg da rauf sind! Solche Ausgrabungen, die wecken, wenn man so will, meine investigative Leidenschaft.

Themen dieser Art, die mich so entzünden, dass ich dran bleiben will, berühren immer wieder die Zeitgeschichte Deutschlands mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit. Dieses spezielle Interesse hat sich bei mir früh, schon während meiner Arbeit beim Jugendfunk, aber auch später bei der Kulturredaktion herausgebildet.

Nutzen Sie, neben dem Hörfunk, noch andere Medien für Ihre journalistische Arbeit, gerade bei so »großen« Themen, wie Sie sie gerade geschildert haben?

Ich halte tagesaktuellen Radio-Journalismus für notwendig - ich mach ihn auch gern - aber ich bleibe auch immer wieder an seinen Begrenzungen hängen. Immerzu 3 Minuten 30 Sekunden, jeden Tag, eine andere »Sau« durchs »Mediendorf« zu treiben, ist für mich in vielen Fällen nicht befriedigend. Außerordentlich wichtig für mich und mein Selbstverständnis als Journalist sind daher die Bücher, die ich geschrieben habe. Eine Radiosendung bietet im günstigsten Falle 90 Minuten Sendezeit und das auch nur bei komfortablen Sendeplätzen. Bei Themen, wie den zuvor angesprochenen oder bei der Biographie eines Rudi Dutschke, in die man sich hineingräbt, ist der Haufen des gesammelten Materials, das man unerledigt, ungesendet auf die Seite tun muss, riesig. Daraus entstand bei mir das Bedürfnis zu schreiben und zeitgeschichtliche Themen, neben der Funkstrecke, in Buchform zu bearbeiten. Quantitativ in bezug auf das monatliche oder jährliche Einkommen bringen Bücher nicht viel ein. Allerdings ist es außerordentlich wichtig dafür, wie man sich als Journalist Leib, Herz und Seele beieinander halten kann.

Außer Hörfunk und Sachbücher habe ich praktisch keine anderen Medien ausgelotet. Ich hab gelegentlich für Zeitungen geschrieben, aber das ist verschwindend wenig. Ich habe ganz wenige Ausflüge zum Fernsehen unternommen und bin mit diesem Medium nicht recht warm geworden. Ich habe den Eindruck, dass die formale und inhaltliche Freiheit als Hörfunkjournalist weit größer ist als beim Fernsehen.

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Ulrich Chaussy über des Medium Radio, das Zwischentöne hörbar macht, Stimmen und Stimmungen mächtig werden und Zeitzeugen wirklich sprechen lässt ...


 

»Das macht mich zornig«
Hören Sie Ulrich Chaussy über das, was ihn als Journalist antreibt.                

Ulrich Chaussy



»Die Tat eines einzelnen Wahnsinnigen?«
Hörprobe aus
»Ungelöst - Die großen Kriminalfälle der Bundesrepublik:
Das Oktoberfest-Attentat«, Hörbuch Hamburg Verlag, 2000



 





»Leib, Herz und Seele beieinander halten«
Hören Sie Ulrich Chaussy über das Bücherschreiben als Seelennahrung.
 
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